SchlagwortSterben

Zum Abschied

Lieber Arbeitsfreund

Dich dem Sterben ausgesetzt zu wissen, ist beängstigend. Weisst du noch, wie wir uns nach einem Treffen in Olten quicklebendig auf unsere Velos schwangen? Oder wie du auf einer unserer Reisen zu einer Tagung das Cockpit übernahmst, nachdem du mich vergeblich, liebevoll und fürsorglich, dazu animiert hattest, auf der deutschen Autobahn auf die Tube zu drücken. Deine Konzentration, deine Aufmerksamkeit, deine Routine und deine Kraft zu spüren, während du meinen Wagen geschwind über den Asphalt in die Weite eines Sommerabendhimmels triebst, ist unvergesslich. Auf diesen Fahrten wurdest du nicht müde, über Phänomene und Emotionen zu sprechen. Wir glühten förmlich. Du fandest es nicht abwegig, dass es methodisch gesehen darum geht, Jaeggi, Neiman, Arendt, weiblicherseits, und Hoyningen-Huene sowie Feyerabend, männlicherseits, hinter sich zu stellen, um von einem phänomenologischen Standpunkt aus auf Krisen und Konflikte von Klientinnen und Klienten blicken zu können.

Kennst du die Geschichte vom Restaurant am Ende des Universums? Es liegt unmittelbar vor dem Untergang, dort wo der Raum aufhört zu existieren. Das Restaurant wird von Kraftfeldgeneratoren daran gehindert unterzugehen. Jeden Abend wird den Gästen das gleiche Spektakel geboten. Die Generatoren werden für einen kurzen Moment ausgemacht, das Restaurant treibt Richtung Nichts. Kurz bevor es verschlungen wird, erwachen die Generatoren zum Leben, die Gäste schnaufen erleichtert auf, beenden ihr Mahl, bezahlen und setzen sich in ihre Raumschiffe, um in wohnlichere Galaxien zurückzukehren.

Douglas Adams hat sich das ausgedacht. Seine irdische Existenz endete abrupt, seither vermisse ich ihn. So, wie ich dich vermissen werde. Mit wem soll ich zukünftig durch das deutschsprachige Europa düsen und Zwischenhalte an Raststätten einlegen, die den Eindruck erwecken, einem Untergang ausgesetzt zu sein? Wem soll ich von Žižeks Phänomenologie berichten, die uns in die Lage versetzen will, die Realität sozusagen von aussen zu betrachten?

Trotz des Gedankens, du machest dich gegebenenfalls bald auf, um zusammen mit Adams besagtem Restaurant einen Besuch abzustatten, bleibe ich untröstlich.