Wanderungen

Ich schlage Ihnen vor, das, was wir uns über uns und die Welt erzählen, auch unter dem Gesichtspunkt des Betroffenseins anzuschauen. Als Alternative zur Bewertung des Inhalts. Zwischen dem Inhalt der Erzählung und dem, wie uns die Erzählung betrifft, hin und her zu wandern.

Über das Betroffensein lässt sich meiner Erfahrung nach leicht in Form von Gefühlen austauschen.

Ich gehe davon aus, dass Gefühle die Beziehung zwischen uns und der Welt oder anderen Menschen darstellen. Nehmen Sie als Beispiel ein Buch, das Sie langweilt. Sie stehen mit dem Buch zwar in Verbindung, der Bezug erscheint Ihnen jedoch leer.

Als Orientierungsrahmen dienen mir Friedemann Schulz von Thuns Vier Ohren und Joachim Lemperts phänomenologisches Wahrnehmungsmodell.

Ich hüte die Unterscheidung Gemachtes und Gedachtes, ob von überschäumenden Möglichkeiten, die für Sie als Erkenntnis eine Qualität haben werden, gesprochen wird, oder davon, wie Sie eine dieser Möglichkeiten handelnd in Anspruch nehmen.

Ich achte bei der Verortung von Handlungen und Möglichkeiten auf Enge und Weite und darauf, ob, während Sie erzählen, enthusiastisch, matt, Verliebtheit, taub, erniedrigt, Ungeduld, Aufregung, Nervosität, Leid, Demut, knorrzig, attraktiv, glücklich, unsicher, verwirrt, sicher, spitz, Mitleid, erregt, geil, gedemütigt, Neugier, Hilflosigkeit, Hoffnungslosigkeit, erschrocken, angewidert, Ehrgeiz, verletzt, Hass, Stolz, einsam, gerührt, Romantik, Verbundenheit, angenommen, erhaben, Trauer, Wut, Angst, Scham, Zuversicht, Erleichterung, Vorfreude, Freude, Langeweile, voll, Sehnsucht, Enttäuschung, frei, lustlos, stumpf, Ohnmacht, Liebe, Hoffnung, Ärger, Lust, gekränkt, Ehrgeiz, bedrückt, Ekel, Fröhlichkeit, Beklemmung, Mut, Neid, bedrängt, lustvoll, Heiterkeit, dankbar, panisch, erschlagen, Geborgenheit oder Verzweiflung feuerwerksgleich aufblitzen.

Zur Selbstzugänglichkeit (Rahel Jaeggi) gehört das Wagnis, Gefühle auf ihre Eigenschaften (bspw. einengend, befreiend) zu untersuchen.